Film und Kino im Jahr 1950
1950 gibt es in der Bundesrepublik Deutschland wieder fast 4.000 Kinos, damit ist der Vorkriegsstand erreicht und die Massen strömen in die Lichtspielhäuser, hungrig nach Unterhaltung und Ablenkung. Mit der Berliner Waldbühne wird das mit 22.000 Plätzen weltweit größte Freilichtkino eröffnet und andere neu eröffnete Kinos präsentieren Polsterbänke für Liebespaare. Das Kino steht in der Publikumsgunst ganz vorne und fast 500 Millionen Besucher sehen sich die Filmhits des Jahres an. Einen wesentlichen Anteil an dem regen Zuspruch hat dabei sicher auch die Einführung der "Neuen Deutschen Wochenschau", die 1950 erstmals vor den Filmen über aktuelle Ereignisse informiert.
Der absolute Kinohit des Jahres allerdings ist der erste deutsche Nachkriegsfarbfilm: die Operettenverfilmung "Schwarzwaldmädel" von Hans Deppe. Hatten in den ersten Nachkriegsjahren die amerikanischen Produktionen die deutsche Kinolandschaft dominiert und waren die deutschen Trümmerfilme beim Publikum gefloppt, gelingt mit "Schwarzwaldmädel" der "Neuen deutschen Filmproduktion" der ersehnte Durchbruch und läutet die Ära des Heimatfilms ein. Das "Schwarzwaldmädel" trifft den Wunsch der Deutschen nach Harmonie und Glückseligkeit. Eine Dreiecksgeschichte vor der schönen Landschaft des Schwarzwalds mit Happy End ist das, was die Kinogänger im zerstörten Deutschland sehen wollen. Der Film lockt über 16 Millionen Zuschauer in die Kinos und ist damit eine der erfolgreichsten deutschen Produktionen. Die Hauptdarsteller Sonja Ziemann und Rudolf Prack gelten fortan als das beste deutsche Leinwandpaar und erhalten für ihre Darstellung im Schwarzwaldmädel genauso wie Paul Hörbiger jeweils einen Bambi.
Beflügelt vom derartigen Erfolg, bestimmt die Spitzenorganisation der deutschen Filmwirtschaft (Spio), daß mehr als ein Drittel aller gezeigten Kinofilme aus deutscher Filmproduktion stammen soll. Aber auch andere deutsche Produktionen laufen 1950 erfolgreich in den bundesdeutschen Kinosälen. So etwa die Erich Kästner Verfilmung "Das doppelte Lottchen", die von der Sehnsucht nach der heilen Familie erzählt, oder die Komödie "Frauenarzt Dr. Prätorius" von und mit Curt Götz, in der sich der Frauenarzt erfolgreich gegen die Verleumdungen eines Kollegen durchsetzt.
In den Hollywood-Produktionen des Jahres dagegen ist oftmals noch der Krieg präsent, sei es als Komödie wie in "Ich war eine männliche Kriegsbraut" mit Cary Grant oder als Action-Drama wie in "Des Teufels Pilot". Aber auch Krimis wie Hitchcocks "Die rote Lola" locken die Besucher in die Kinos. Ein Film überragt aber bei Weitem alle anderen Produktionen: "Der dritte Mann". Dieser Klassiker der Filmgeschichte mit dem genialen Orson Welles spiegelt wie wohl kein anderer die Verhältnisse der Nachkriegszeit. Und die Titelmelodie, die Szenen in der Wiener Kanalisation und auf dem Riesenrad im Prater gehören mit zum Besten was je im Kino zu sehen und zu hören war.
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